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Wir brauchen mehr Lkw-Forschung!

Ein Interview mit Professor Dr. Wietschel, Leiter des Competence Centers Energietechnologien und Energiesysteme des Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung (ISI) und Dozent am Karlsruher Institut für Technologie.

Batterie, Wasserstoff, Brennstoffzelle oder doch Oberleitungstechnologie? Über die Frage des richtigen Antriebs und warum wir uns vor allem auf die 200.000 Schwerlasttransporte konzentrieren sollten.

 

Sie sind Leiter des Competence Centers Energietechnologien und Energiesysteme am Fraunhofer Institut für System- und Innovationsforschung. Das klingt komplex. Was genau ist Ihre Aufgabe?

Wir bewerten Innovationen. Und zwar im Gesamtsystem. Also was bedeutet eine Innovation für die Gesellschaft, für den Staat und für die Industrie? Wir helfen Institutionen dabei, die Innovationen einzuordnen, so dass sie in der Lage sind, Entscheidungen zu treffen.

Wie darf ich mir das vorstellen? Kommen Unternehmer*innen mit einer Innovation zu Ihnen und sagen: Hier gucken Sie mal, ist das gut?

(schmunzelt) Im Grunde ist es so, ja. Wir arbeiten mit Unternehmen zusammen, die sich neu ausrichten wollen, wie beispielsweise die Automobilindustrie. Aber auch für die EU Kommission oder die Weltbank. Insbesondere Ministerien kommen auf uns zu, um beispielsweise Brennstoffzellen-PKWs bewerten zu lassen, den Ausbau der erneuerbaren Energien oder Wasserstoffimporte. Es geht dabei vor allem um einen gesamtgesellschaftlichen Zusammenhang. Wie ist das Thema im System aus Gesellschaft und Wirtschaft einzuordnen? Wie sind Entwicklungen zu bewerten? Welche Chancen haben sie? Wie passen sie in unser Wirtschaftssystem? 

Das klingt nach einem sehr großen Fass, das Sie da aufmachen. Wie schnell können denn Ihre Auftraggeber*innen mit Antworten rechnen?

Wir können in unserer Arbeit auf Modelle für umfassende Datenanalysen zurückgreifen, verfügen über ein großes Team mit einem enormen Expertenwissen. So können wir sehr effizient agieren. Wie lange es tatsächlich braucht, hängt vom Thema ab – etwa zwischen zwei Monaten und drei Jahren.  

Schauen Sie sich auch die Klimaziele der Bundesregierung an?

Ja. Wir bewerten zum Beispiel im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz, ob die Klimaschutzmaßnahmen geeignet sind, die jeweiligen Sektorziele zur Minderung der Treibhausgase zu erreichen. 

Sektorziel Verkehr: Treibhausgasemission auf fast null reduzieren. Ihre Meinung?

Der Verkehrssektor hat seine Treibhausemissionen bisher kaum reduziert. Wir brauchen also eine sehr, sehr starke Wende. Deshalb sind ambitionierte Ziele wichtig. Eine entscheidende Rolle dürften dabei die neuen Antriebssysteme und alternativen Kraftstoffe spielen.

Ein Themenbereich, mit dem Sie sich ganz besonders beschäftigen. Worum geht es hier genau? 

Ich persönlich arbeite gerade viel im Bereich Lkw-Transformation. Dabei geht es vor allem um die etwa 200.000 schweren Lkw. Diese verursachen so viel Emissionen wie 10 Millionen Pkw. Deshalb plädiere ich dafür, dass wir uns auf die Lkw-Sparte fokussieren. Denn es ist wesentlich einfacher, etwas mehr als 200.000 schwere Lkw zu transformieren als 10 Millionen Pkw. 

Welche Umstellung schlagen Sie vor?

Der Verkehrssektor würde gern verstärkt die Biokraftstoffe beimischen, eine vergleichsweise günstige Option. Nachhaltige Biomasse ist jedoch beschränkt und wird in anderen Sektoren, wie beispielsweise im Chemiesektor, dringender gebraucht. Synthetische Kraftstoffe bei Lkw sehen wir eher nicht, weil die Kosten zu hoch sind. Für Wasserstoff spricht, dass ich damit den Lkw relativ schnell betanken kann und dass Wasserstoff komprimiert oder flüssig eine höhere Energiedichte hat als Batterien. Auch Oberleitungstechnologien sind ein Thema. Um hier fundiert zu entscheiden, brauchen wir noch viel mehr Wissen, umfassende Tests und Demovorhaben – insbesondere für lange Fahrten und große Reichweiten.

Eine Aufgabe, die Sie bei der Politik sehen? 

Ja. Es ist wichtig, die Lkw-Forschung zu fokussieren, um schnell eine Umstellung der Schwerlasttransporte auf emissionsärmere Technologien in die Wege zu leiten. Und die CO2-Grenzen hoch setzen. Auch darin sehe ich einen wichtigen Hebel, um die Verkehrswende zu schaffen.

 

Herzlichen Dank, Professor Wietschel, für das interessante Gespräch!

 

Handout vom Touchpoint Mobilitätswende

 

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