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„Damit die Menschen hier gern leben.“

Ein Interview mit Erich Biberich, „Stadtkümmerer“ der österreichischen Gemeinde Trofaiach

Warum Stadtentwicklung ein Vollzeitjob ist und wie man Ehrgeiz und Geduld unter einen Hut bekommt, darüber sprechen wir mit Erich Biberich, Stadtkümmerer in Trofaiach.

 

Herr Biberich, Sie sind seit sieben Jahren Stadtkümmerer in Trofaiach. Was genau macht denn ein Stadtkümmerer?

Im Grunde ist die Aufgabe eine klassische Koordination. Aber der Begriff „Innenstadtkoordinator“ war uns zu sperrig. Schließlich ist die Aufgabe sehr Menschen-zugewandt. Da passt der „Kümmerer“ viel besser.

Ein Stadtkümmerer bringt die richtigen Menschen zum richtigen Zeitpunkt mit dem richtigen Thema zusammen. Es geht vor allem darum, Dinge zu ermöglichen. Raum zu geben und vorhandene Ressourcen zu verknüpfen. Damit daraus im Sinne der Stadtentwicklung nützliche Veränderungen entstehen.

Ein Vollzeit-Stadtkümmerer ist eher ein Exot, oder? Warum hat sich Trofaiach dafür entschieden?

(schmunzelt) Ja, so üblich ist das bisher nicht. Doch ich bin sicher, das wird kommen. In den letzten Jahren sind die Anforderungen an eine Gemeinde stark gestiegen. Sie ist inzwischen für vieles verantwortlich – dafür, dass die Konsequenzen des Klimawandels nicht durchschlagen, dass die Energieversorgung verantwortungsbewusst und zunehmend autark realisiert wird, dass die Unternehmen nicht aussterben, sondern die Wirtschaft floriert. Kurz, dass die Menschen hier gern leben. 

Das ist ein großer gesellschaftlicher Auftrag. Den erfüllt man nicht nebenbei. 

Und wir in Trofaiach hatten ein ganz besonders starkes Motiv: Als Abwanderungsregion liefen uns die Menschen davon. Dieser Negativspirale wollten wir unbedingt entgegenwirken. Also haben wir die große Verantwortung angenommen.  

Wie muss der- oder diejenige denn sein, um der Verantwortung gerecht zu werden? 

So genau gewusst, hat das damals keiner. Ich habe 2015 die Umstellung der Stadtbeleuchtung auf LED realisiert. Danach hat man mich gefragt, ob ich denn nicht die Innenstadtentwicklung übernehmen wolle. Meine Antwort war: „Okay, wenn Sie mir sagen, was das ist, dann kann ich‘s ja mal versuchen.“

Und mit der Erfahrung heute? Was muss drin stehen in der Stellenbeschreibung eines Stadtkümmerers?

Ein Stadtkümmerer muss ein sehr kommunikativer Mensch sein. Wichtig sind Projektmanagementerfahrung und soziologische Kenntnisse. Außerdem braucht es eine gewisse Analytik. Strukturiertes Denken und Arbeiten sind bei dieser Aufgabe sehr wichtig. 

Eine gewisse Lebens- und Berufserfahrung sollte der- oder diejenige mitbringen. Und eine Riesenportion Durchhaltevermögen. Damit hatte ich die größten Probleme. Ich komme aus der Wirtschaft. Ich war es gewohnt, laufend nach Zahlen zu arbeiten. Das geht hier nicht. Ein Stadtkümmerer muss zielorientiert und ehrgeizig sein. Und trotzdem immens geduldig. Das lässt sich schwer unter einen Hut bringen.

Was trägt Sie in diesem Spannungsfeld? Was macht Ihnen am meisten Spaß?

Ich schätze die hohen Freiheitsgrade dieser Aufgabe. Ich kann mich sehr kreativ einbringen. Ich habe Zeit, mich mit Dingen wirklich auseinanderzusetzen, mir Benchmarks zu holen, mich mit Wissenschaftler*innen auszutauschen. Dieser große Schaffensraum passt zu mir.

Dabei ist diese Aufgabe alles andere als romantisch. Die Auseinandersetzung mit den verschiedenen Stakeholdern ist mitunter sehr anstrengend. Was mich in all den Jahren getragen hat, ist Idealismus. Der tiefe Wunsch, für meine Heimat, meine Region, etwas zu tun. Mir geht es darum, dass wir eine schöne, attraktive und moderne Stadt haben. Das ist mein eigentlicher Motor. 

Was empfehlen Sie anderen Gemeinden, die sich auf den Weg machen?

Wichtig ist, dass das Thema mit hoher Professionalität betrieben wird. Es braucht eine Vollzeit-Verantwortung – jemanden, der sich ausschließlich mit der Stadtentwicklung beschäftigt. Sich dafür auch BWL- und Managementkompetenz einzukaufen, tut der Gemeinde gut. Und ja, in den immer komplexeren Systemen der Stadtentwicklung ist es wichtig, strategisch zu denken und zu planen. Mindestens ebenso wichtig ist es aber, mal irgendwo anzufangen, in kleinen Schritten ins Tun zu kommen. Sich nicht von der Gewaltigkeit der Systeme abschrecken zu lassen. Genau an diesen Dingen scheitert es oft. 

Und es braucht Menschen im Team, die ein Herz für die Sache haben. 

Herr Biberich, danke für die spannenden Einblicke in Ihre Aufgabe!

 

 

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